Vor 50 Jahren: Der Grosse Rat beschliesst den Sprung zur elektronisch vernetzten Verwaltung

Im Dezember 1967 beschliesst der Grosse Rat die Anschaffung eines Grosscomputers, der die Datenverarbeitung der kantonalen Verwaltung zentralisiert. Im Grossen Rat ist die Anschaffung eines IBM-«Elektronengehirns» weniger umstritten als im Volk: Das Referendum muss über die 6-Millionen-Franken-Maschine entscheiden.

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EDV-Zentralstelle 1972 © Staatsarchiv BS 

 

Das EDV-Zeitalter beginnt in Basel 1957, als die Sandoz sich ihren ersten elektronischen Grossrechner zulegt. Beim Kanton hingegen ist es erst einmal der Beamtenapparat, der zulegt. Ab 1957 wächst er innert zehn Jahren um ein Drittel an. Die massiv zunehmenden Staatsausgaben beunruhigen die Volksvertreter zunehmend.

Lösung verspricht die Technik. Rechenmaschinen sollen die Verwaltungsarbeit rationalisieren. Doch die diversen Lochkarten- und Elektronik-Anlagen stehen noch unverbunden an verschiedenen Stellen im Kanton im Einsatz sofern nicht ohnehin noch das Papier regiert.

Grossräte und Aufsichtskommissionen drängen

Erstmals gibt 1961 eine Kleine Anfrage von Grossrat Miville den Anstoss zur Zentralisierung. 1965 rufen auch die Oberaufsichtskommissionen des Grossen Rats die Regierung dazu auf, «baldmöglichst» die «Schaffung einer zentralen Anlage» anzugehen. Als Beispiel wird die Zusammenlegung der zahlreichen dezentral geführten Einwohnerregister genannt.

1967 beantragt die Regierung 5,9 Millionen Franken für einen IBM 360/40 G und 680'000 Franken für die Einrichtung der «Zentralstelle für elektronische Datenverarbeitung» (heute ZID). «Basel wird modern» steht in der National-Zeitung zu lesen. Die Diskussion an der Grossratssitzung vom 21. Dezember ist engagiert, es fallen Worte wie «Science Fiction», aber auch «Geldverschwendung»; insbesondere der Landesring warnt vor überstürzten Aktionen. Am Ende beschliesst der Grosse Rat den Kredit mit grossem Mehr von links bis rechts.

Die Gegner der Anschaffung ergreifen das Referendum. Bereits in der Parlamentsdebatte wird die Opposition gebrandmarkt. Es seien «Ewig-Gestrige», «Ehrgeizeleien» steckten dahinter, da die Zentralisierung «bisherige Königreiche wackeln» lassen würde. Auch Lobbying der Konkurrenzfirmen wird vermutet, denn der Grosscomputermarkt ist hart umkämpft.

… für eine schnellere Demokratie

Im Abstimmungskampf wird nicht zuletzt mit einer schnelleren Demokratie geworben. Eine modernere Anlage garantiere bei Wahlen schnellere, bessere und rationellere Arbeit und die Wahlresultate erschienen einen guten halben Tag früher.

Im Mai 1968 stimmt die Bevölkerung der Neuanschaffung mit knapp 60 Prozent zu. Es ist der Startschuss zur elektronischen Vernetzung des Staates: Schon zwei Jahre später bewilligt der Grosse Rat einen Ausbau der Zentralstelle.

Text: André Salvisberg/Eva Gschwind, Parlamentsdienst 

Quellen: Ratschlag 6432, 9.11.1967; Grossratsprotokoll 21.12.1967; Artikel Basler Stadtbuch 1968; Basler Nachrichten 22.12.1967, 15./20.5.1968; National-Zeitung 12.11.1967

Bild: Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1013 1-5622 18