Parlamentarische Vorstösse

Wichtige Anstossfunktion für politische Themen

Wenn der Grosse Rat eine Gesetzesänderung oder eine Ausgabe beschliesst, dann tut er dies auf Vorschlag des Regierungsrats. Gar nicht selten steht am Ursprung jedoch eine Forderung aus dem Grossen Rat. Den Grossratsmitgliedern stehen mehrere Instrumente («Vorstösse») zur Verfügung, mittels derer sie selbst Themen und Projekte lancieren und so die politische Agenda mitbestimmen können.

vorstoesse foto werk 20230208 0116Regierungsmitglieder beantworten Fragen. Foto: Michael Fritschi

Den Regierungsrat zu einer Massnahme verpflichten

Mit der Motion und dem weniger verpflichtenden Anzug kann der Grosse Rat dem Regierungsrat Aufträge erteilen. So kann der Grosse Rat die Regierung per Motion zwingen, ihm zur Erfüllung eines Ziels (z.B. Verlängerung der Ladenöffnungszeiten, Senkung der Steuern) eine Gesetzesänderung vorzulegen; notfalls auch gegen deren Willen.

Vom Regierungsrat Auskunft verlangen

Die Interpellation und die Schriftliche Anfrage dienen Informationszwecken. Vor allem mit einer Interpellation wird vom Regierungsrat rasch Auskunft zu einer kantonalen Angelegenheit verlangt. Mit einer Resolution kann der Grosse Rat in einer wichtigen Angelegenheit gegenüber der Öffentlichkeit Stellung nehmen.

Mittels eines Budgetpostulats kann der Grosse Rat eine Änderung des Staatsbudgets verlangen. Schliesslich dienen die Standesinitiative und das Standesreferendum der Mitwirkung auf Bundesebene.

Für die Überweisung einer Motion, eines Anzugs oder eines Budgetpostulats müssen mindestens 50 Ratsmitglieder anwesend sein. Dann gilt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Rechtsgrundlagen

Motion

Die Motion ist das verpflichtendste parlamentarische Instrument. Mit ihr kann jedes Ratsmitglied oder eine ständige Kommission vom Regierungsrat verbindlich fordern, dem Grossen Rat ein neues Gesetz, eine Verfassungs- oder Gesetzesänderung oder eine Massnahme zu unterbreiten.

Motionen werden in einem zweistufigen Verfahren beschlossen: Bei einer Überweisung hat der Regierungsrat drei Monate Zeit für eine Stellungnahme, dann wird die Motion im Grossen Rat erneut traktandiert. Nur wenn sie wiederum eine Mehrheit findet, wird sie für den Regierungsrat zum verbindlichen Auftrag. Motionen, die keine Frist enthalten, sind spätestens innert vier Jahren zu erfüllen. Eine Motion kann vom Grossen Rat auch als weniger verpflichtender Anzug überwiesen werden.

Das Instrument Motion ist 2016 um die Möglichkeit des Grossen Rates, vom Regierungsrat die Umsetzung einer "Massnahme" zu beantragen, erweitert worden. Damit kann sich die Motion nun auch auf Zuständigkeiten des Regierungsrates und damit z.B. eine Verordnung beziehen. Nicht tangiert werden dürfen Regierungszuständigkeiten, die in der Verfassung festgeschrieben sind.   

Anzug

Der Anzug ist das am häufigsten gewählte parlamentarische Instrument. Per Anzug (der dem Postulat beim Bund und den meisten Kantone entspricht) kann jedes Ratsmitglied oder eine ständige Kommission dem Regierungsrat oder dem Grossen Rat Anregungen zur Änderung der Verfassung, zu Gesetzen oder Beschlüssen oder zu Massnahmen der Verwaltung vorlegen.

Erklärt der Grosse Rat den Anzug für erheblich, so wird er der Regierung, dem Ratsbüro oder einer Grossratskommission überwiesen, die dann zwei Jahre Zeit haben, Bericht zu erstatten und allenfalls Antrag zu stellen. Ist der Grosse Rat mit dem Resultat unzufrieden, kann er den Anzug stehen lassen und erneut entscheiden, wer den Anzug behandeln soll. Die Frist zur Neubearbeitung beträgt wiederum zwei Jahre.

Interpellation (auch dringlich)

Mittels einer Interpellation hat jedes Ratsmitglied das Recht, vom Regierungsrat Auskunft über die Verwaltung oder die Interessen des Kantons berührende Angelegenheiten zu verlangen. Die Auskunft soll in der gleichen Sitzung mündlich oder bis zur nächsten Sitzung schriftlich erfolgen.

Nach Beantwortung durch das zuständige Regierungsmitglied erklärt das interpellierende Ratsmitglied, ob es von der Antwort befriedigt ist. In der Regel findet keine Diskussion statt; der Grosse Rat muss eine solche ansonsten beschliessen. 

Bei ausserordentlichen Vorkommnissen kann jedes Ratsmitglied bis eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn eine dringliche Interpellation einreichen. Sofern diese im Rat ein Zweidrittelmehr findet, muss sie der Regierungsrat in der gleichen Sitzung mündlich beantworten.

Schriftliche Anfrage

In Form der Schriftlichen Anfrage kann jedes Ratsmitglied den Regierungsrat um Auskunft über kantonale Angelegenheiten ersuchen. Dieser muss innerhalb von drei Monaten antworten; eine Diskussion im Rat findet nicht statt. Das anfragende Ratsmitglied hat aber Anrecht, im Protokoll eine kurze Replikerklärung zu veröffentlichen.

Budgetpostulat

Das Budgetpostulat ist ein Antrag, der eine Verminderung der Einnahmen oder eine Erhöhung der Ausgaben im Budget bezweckt. Antragsberechtigt sind jedes Ratsmitglied und jede ständige Kommission.

Das Budgetpostulat muss bis zum Schluss der Budgetsitzung im Dezember des Grossen Rates eingereicht werden. In der darauffolgenden Januar-Sitzung beschliesst der Grosse Rat, ob er das Budgetpostulat überweisen will. Tut er dies, dann hat die Regierung so rechtzeitig über das Budgetpostulat zu berichten, dass dieses spätestens im April im Rat behandelt werden kann.

Vorgezogenes Budgetpostulat

Mit einem Vorgezogenen Budgetpostulat kann jedes Ratsmitglied oder jede ständige Kommission dem Regierungsrat beantragen, in einem zukünftigen Budget Veränderungen vorzunehmen.

Der Überweisungsbeschluss erfolgt in der Februar-Sitzung. Der Regierungsrat erstattet mit der Budgetvorlage darüber Bericht, ob und wie weit das Vorgezogene Budgetpostulat umgesetzt wurde. Sofern der Regierungsrat das Vorgezogene Budgetpostulat nicht umgesetzt hat, entscheidet der Grosse Rat bei der Verabschiedung des Budgets, ob und wie weit es ins Budget übernommen wird.

Planungsanzug

In Form des Planungsanzugs kann der Grosse Rat, auf Antrag eines seiner Mitglieder oder einer ständigen Kommission, dem Regierungsrat eine Änderung in der regierungsrätlichen Planung beantragen. Seit 2009 legt der Regierungsrat seine langfristigen Ziele in einem alle vier Jahre erscheinenden Legislaturplan dar, die kurz- und mittelfristigen Ziele im jährlichen Budgetbericht. Der Planungsanzug bezieht sich nur auf letzteren.

Resolution

Eine Resolution ist eine Stellungnahme des Grossen Rates zum aktuellen politischen Geschehen. Antragsberechtigt sind jedes Ratsmitglied und jede ständige Kommission. Um die Resolution zu fassen, braucht es zwei Drittel der Stimmen.

Standesinitiative und Standesreferendum

Der Kanton Basel-Stadt hat mit der Standesinitiative und dem Standesreferendum zwei Mitwirkungsrechte auf Bundesebene, die vom Grossen Rat ausgeübt werden. Jedes Ratsmitglied ist berechtigt, die Einreichung einer Standesinitiative oder die Ergreifung des Standesreferendums zu beantragen.

Bei einem Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative entscheidet der Grosse Rat zuerst, ob er den Antrag dem Regierungsrat zur Stellungnahme innert drei Monaten überweisen will. Aufgrund dieser Stellungnahme entscheidet der Grosse Rat, ob er die Standesinitiative einreichen will.

Einem Standesreferendum müssen acht Kantone zustimmen, damit es zustande kommt.