Entwicklung der Parteienlandschaft

Traditionsparteien

Das baselstädtische Parteiengefüge kennt mit den bürgerlichen Parteien Freisinnig-demokratische Partei (FDP), Liberal-demokratische Partei (LDP) und Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) sowie mit der Sozialdemokratischen Partei (SP) vier Traditionsparteien, die seit Einführung des Proporzwahlrechts 1905 ununterbrochen Einsitz im Grossen Rat haben.

Mit dem Proporz verloren die Freisinnigen ihre seit 1875 gehaltene überragende Stellung in der Basler Politik. Jene Gruppierungen konnten sich mehr Einfluss verschaffen, die im Prozess der raschen Stadtentwicklung in den Jahrzehnten zuvor zahlenmässig stark an Gewicht gewonnen hatten: Die Arbeiter und die Katholiken. Schon 1908 überholte die SP die Freisinnigen. Von diesen spaltete sich 1911 die Fortschrittliche Bürgerpartei – später als Bürger- und Gewerbepartei bzw. Bürgerpartei und in den dreissiger Jahren als Nationale Volkspartei auftretend – ab, die dann bis 1957 im Grossen Rat vertreten war.

Schwarz-Weiss-Bild: Warteschlange vor einer Wahlurne Welche Partei wählen? Regierungs- und Grossratswahlen 1972. Bild: Staatsarchiv BS, BSL 1013 1-5376 (Hans Bertolf) 

Das «Rote Basel»

Von 1920 bis 1923 erreichte die Linke im Grossen Rat erstmals eine Mehrheit. Schon 1921 spaltete sich die Kommunistische Partei (KP) allerdings von der SP ab. Sozialdemokraten und Kommunisten bekämpften sich erbittert, womit sich die Linke selbst schwächte. Von 1938 bis 1940 war neben dem Regierungsrat (1935 - 1950) auch der Grosse Rat wieder «rot». 1940 verbot der Bundesrat die KP und die 15 Kommunisten wurden aus dem Grossen Rat ausgeschlossen. Nachfolgepartei war 1944 die Partei der Arbeit (PdA). Sie erstarkte vorübergehend rasch und wurde von der SP wiederum bekämpft.

Seit 1940 konnten weder das linke noch das bürgerliche Parteienspektrum im Grossen Rat mehr eine absolute Mehrheit erreichen. 

Neue Parteien und Bewegungen, von LdU und NA

Ab 1938 war der konsumentennahe Landesring der Unabhängigen (LdU) zeitweise stark im Rat vertreten, 1941 sogar als zweitstärkste Fraktion. 1996 löste sich die Basler Sektion auf. Die Vereinigung evangelischer Wähler (VEW) ging 1948 aus der 1920 gegründeten Evangelischen Volkspartei (EVP) hervor. Sie konnte sich dank starker Position in Riehen 1953 bis 2013 in Fraktionsstärke halten. 2006 benannte sich die VEW wieder in EVP um.

Ab den 1970er Jahren entstanden neue Bewegungen. So war die Progressive Organisation Basel (POB), ein Produkt der Studentenbewegung von 1968, im Grossen Rat von 1972 bis 1992 mit bis zu 15 Sitzen vertreten. 1993 löste sie sich auf.

Auf  der rechten Seite holte die Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat (NA) 1968 die ersten zwei und 1972 10 Mandate. Aus dieser Bewegung gingen später die Schweizer Demokraten und die Volks-Aktion (VA) hervor.

1982 kam es innerhalb der SP erneut zur Spaltung, diesmal am rechten Flügel der Partei: Ein Teil der SP gründete die Demokratisch-Soziale Partei (DSP). Sie hielt bis 2008 Fraktionsstärke; 2009 löste sie sich auf. Die PdA erzielte letztmals 1992 einen Sitz im Grossen Rat.

... bis zu Grünen, SVP und Grünliberalen

1991 entstanden die Grüne Partei Basel-Stadt und die Frauenliste (FraB), 1995 Basels starke Alternative (BastA!). 2002 löste sich die FraB wieder auf. Die Grünen und BastA treten seit 2005 als Fraktion Grünes Bündnis auf bzw. seit 2021 als Grün-Alternatives Bündnis (GAB).

Aufsteigerin der letzten Jahrzehnte ist die Schweizerische Volkspartei (SVP). Sie zog 1992 mit 3 Sitzen in den Grossen Rat ein und hatte im Jahr 2000 bereits 14 Mandate. Die Partei zerstritt sich allerdings und brach 2004 in SVP und Schweizerische Bürger-Partei (SBP) auseinander. 2004 schafften die SBP wie auch die Schweizer Demokraten den Einzug ins Parlament nicht mehr. Die SVP hingegen gehört weiterhin zu den grösseren Fraktionen.

Neu gelang 2008 den Grünliberalen (GLP) der Sprung in den Grossen Rat, und dies gleich in Fraktionsstärke. 2017 verloren die Grünliberalen den Fraktionsstatus. Seit 2021 sind sie nun mit acht Sitzen stärker denn je vertreten.

2012 erreichte die «Volks-Aktion gegen zuviele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat» (VA) zwei Grossratssitze. 2016 schaffte sie den Sprung ins Parlament nicht mehr. Das auf die Wahlen 2020 hin abgeschaffte Wahlquorum (5%-Hürde) ermöglichte einem VA-Vertreter nun wieder einen Sitz. 

Schliesslich benannte sich die CVP analog ihrer nationalen Partei 2021 um: Sie heisst neu "Die  Mitte".

 

Statistik: Sitzverteilung im Grossen Rat seit 1905 (Excel, Statistisches Amt BS)

Parteien, Jungparteien und Listenvereinigungen seit 1971 (Excel, Statistisches Amt BS)

Literatur: Historisches Lexikon der Schweiz